Tschernobyl my Love

Schwere Kost war Kornelia Lüdorffs Lesung aus dem Buch «Tschernobyl – eine Chronik der Zukunft» von Swetlana Alexijewitsch, das 1997 erschien.

Bericht und Fotos von Züsi Widmer

Lesung von Kornelia Lüdorff im Domicil Mon Bijou Bern

«Am 26.April 1986 ereignete sich im Nuklearkraftwerk von Tschernobyl, Ukraine, beim Reaktor des Blocks 4 der SuperGAU und schwerste Atomkraftwerk-Unfall weltweit».
Die Anwesenden wussten also, dass sie «schwere Kost» erwartet in dieser Lesung. Kornelia las aus dem Buch ein Kapitel: «Tschernobyl – eine Chronik der Zukunft» von Swetlana Alexijewitsch, das 1997, zwölf Jahre nach der Katastrophe, erschien. Die Schriftstellerin erhielt für ihre literarisch aufgearbeiteten Interviews der Zeugnisse menschlichen Leidens 1998 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und 2013 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Das Buch wurde in Russland verboten.


Svetlana Alexijewitsch
Die weissrussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch hat in ihrem Werk immer jenen eine Stimme gegeben, denen normalerweise nicht zugehört wird. Dazu hat sie ihre eigene Gattung entwickelt: den «Roman in Stimmen»

«Eine einsame menschliche Stimme», war das Kapitel übertitelt, das uns alle tief erschütterte. Kornelia las behutsam und empathisch das tragische Schicksal der jungen, 23-jährigen Ljudmilla, das uns allen unter die Haut und ans Herz ging. Ihr Mann Wassili, Feuerwehrmann, – sie waren frisch verheiratet, Ludmilla im 6 Monat schwanger, ­– wurde an diesem 26. April nach der Explosion im Kernkraftwerk Tschernobyl ohne jeglichen Schutz zum Löschen geschickt. Er kam nicht zurück, sondern wurde anderntags direkt mit schwersten Verbrennungen und atomar verstrahlt mit allen andern Feuerwehrmännern in ein Spital gebracht und später nach Moskau in eine Strahlenklinik geflogen. Niemand wurde über den SuperGAU informiert, nur nach und nach vernehmen Ljudmilla und die anderen Frauen, was geschehen ist. Ihre grosse Liebe zu Wassili, der, wie alle andern stirbt, trägt sie noch heute in sich.
Dieses Zeitdokument schildert mit Zurückhaltung die enorme Tragik dieser Menschen und zeigt auf, wie schutzlos und fragil unser Leben werden kann.
Ljudmilla verteidigt ganz entschieden den sozialen utopischen Ort der Liebe in einer Welt, in der politische Entscheidungen das Leben der Menschen bestimmen.

Kornelia, vielen Dank für das Vortragen diese leider, ach, schon wieder so aktuellen Geschichte!​

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