Im Land der glücklichen Hühner

Barbara Trabers Haus in der Bresse burguignonne - Realität und Fiktion vermischen sich zu einer Liebeserklärung an die Bresse, mit Mitgefühl und Humor, mit Flair für das Frankophile und leiser Wehmut.

Bericht von Barbara Traber
Bilder von Züsi Widmer

Wie in der Schule fragt Züsi Widmer in die Runde: Wer schreibt einen Bericht über den Anlass? Niemand meldet sich. «Ich kann dies übernehmen!», schlage ich vor.  

Etwas zu früh eingetroffen, sitze ich noch eine Weile auf einer Bank im Mattenhofquartier, schaue zum Monbijoupärkli hinüber, lasse Erinnerungen an die Zeit aufkommen, als wir oben im «Eiger» an der Belpstrasse wohnten. Alles ist mir vertraut, doch sehe ich es wie neu. Wie immer vor einer Lesung erfüllt mich plötzlich eine lähmende Müdigkeit: Lampenfieber, das es braucht, um nachher voll präsent zu sein.

Etwa zwei Dutzend Zuhörerinnen sitzen nach dem Apéro vor mir, erwartungsvoll sind aller Augen auf mich gerichtet, und ich spüre sofort: Das sind gebildete, kluge, lebenserfahrene, interessierte Pantherinnen und zwei Panther. Obwohl ich mich wie immer sorgfältig vorbereitet, die Texte geübt und minutiert und den Ablauf genau bestimmt habe, weiche ich davon ab, erzähle zwischendurch, was mir beim Schreiben wichtig ist, so dass es nur reicht, etwa die Hälfte der ausgewählten Stellen vorzulesen.

Einer der Gründe, weshalb ich schreibe, ist, dass ich dadurch Erinnerungen aufbewahre, wie andere Konfitüre einkochen, um die Düfte des Sommers einzufangen. Ein anderer: Mir ist es wichtig, Menschen, die ich ins Herz geschlossen habe, in meinen Büchern weiterleben zu lassen, zum Beispiel die beiden Wirtinnen Anni und Odette im Café «Au bon coin», Mauer an Mauer mit dem alten Haus, das wir kaufen konnten. Die leicht nostalgischen «Dorfgeschichten aus der Bresse» aus den späten 1990er-Jahren sind einerseits stark autobiografisch geprägt, also Autofiktion, anderseits habe ich eine Liebesgeschichte erfunden (Fiktion) und als zweite Ebene eingebaut. Ich habe versucht, das typisch Französische einzufangen: die Menschen und ihre Schicksale, die weite, flache Landschaft, den Wein, das Ritual des Apéros, den quatorze juillet, die Résistance …

Im Publikum sehe ich öfters ein Lächeln oder Nicken, es gibt Rückmeldungen, auch Fragen, und ich schliesse mit dem Epilog ab, in dem Malven, meine Lieblingsblumen, vorkommen, was schöne Echos auslöst. Mit einer Handvoll Pantherinnen schliesse ich bei anregenden Gesprächen den Abend im «Musigbistro» nebenan ab, das einst Bernhard Stirnemann initiiert hatte und wo die Berner Troubadours regelmässig auftraten.

P.S. Eine kleine Nachgeschichte: Der Zuhörer Konrad Schrenk spricht mich auf das Thema Afrika an, da ich erwähne, im Herbst 24 werde ein weiteres Buch von mir erscheinen («Nigeria – ich komme!» Eine junge Schweizerin in Lagos 1964/65, Neptun Verlag). Er mailt mir die Dokumente seines interessanten Vortrags über Tansania, den er mehrmals bei Grauen Panthern gehalten hat.                                                                                                               

Literatur von Barbara Traber: bei Exlibris.ch

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