Bericht und Fotos von Züsi Widmer
«Die guten Frauen mit Verstand, das sind nicht bloss die Perlen unter ihrem Geschlecht, das sind Diamanten in der Menschheit, und, was solche Frauen Gutes tun, das ist vom Allerschönsten, was im Himmel angeschrieben wird.» Jeremias Gotthelf
15 solche Perlen, Entschuldigung, Diamanten (alias Graue Pantherinnen) liessen sich am Sonntagnachmittag durch das Museum Lützelflüh begleiten unter grandioser Führung von Frau Hofer. Grandios, weil sie sehr laut und deutlich und langsam sprach, und sogar ohne jegliches Skript. Im Dachstock mit Holzbalken wurden wir zu Beginn aufs Beste eingeführt.
Beschaulich und in perfektem Berndeutsch wurde der Lebenslauf des kritischen und sozial engagierten Pfarrers und seiner Familie sorgfältig geschildert. Mit vielen typischen Zitaten aus seinen Romanen und Erzählungen.
Gotthelf kritisierte nicht nur und machte auf Missstände aufmerksam. Er verfasste ab 1831 rund 150 meist ungezeichnete Zeitungsartikel, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Themen behandelte. Die meisten dieser Artikel erschienen im Berner Volksfreund.
1826 begann er mit der Schriftstellerei einen Kampf gegen die Armut und das Verdingen von Kindern. Seinen Kampf publizierte er im «Der Bauern-Spiegel», und in einer fiktiven Autobiografie eines Verdingbuben, dem er den Namen Jeremias Gotthelf gab, der dann zu seinem Pseudonym wurde.
Albert Bitzius war nicht nur Pfarrer, sondern ab 1835 auch Schulkommissär für 18 Schulen in den Gemeinden Lützelflüh, Rüegsau, Hasle und Oberburg.
Für einen wesentlichen Anteil an der Verbreitung des literarischen Werkes von Jeremias Gotthelf in den norddeutschen Ländern war der Berliner Verlag Julius Springer verantwortlich, den es heute noch gibt. Zur Steigerung der Bekanntheit riet Springer seinem Autor aus dem Emmental immer wieder, Redewendungen und Begriffe in Berndeutsch sparsam zu verwenden.
Wir bewunderten und amüsierten uns auch über die würzigen und treffenden Ausdrücke bei den deftigen Beschreibungen der Umstände, denen Gotthelf in der Pfarrtätigkeit bei seinen Landsleuten begegnete. Damit schuf er sich vielerorts alles andere als Freunde. Er kritisierte die herrschenden Berner Familien (Aristokratie) aufs Härteste, weil sie sich viel zu wenig um die sozial Schwachen kümmerten.
Ich persönlich bin beeindruckt von seinem sozialen Engagement und seiner Resilienz, Lebensmut und psychische Gesundheit trotz Schwierigkeiten und scharfer Kritiken bewahrt zu haben, und wie er unermüdlich auf all die Missstände hinwies, welche die Ärmsten traf.
Am 22. Oktober 1854 verstarb er, 57 jährig an einer Lungenembolie, als Folge einer Lungenentzündung.
Anschliessend an die Führung diskutierten wir bei einem gemütlichen Zvieri mit Kaffee, Tee und Kuchen im hauseigenen Bistro und besuchten anschliessend neben der Kirche das Grab dieses mutigen Mannes.
Noch heute lesen wir seine Bücher und schauen mit Vergnügen die Filme «Ueli der Knecht und Pächter»…, die trotz fast 200 Jahren Zeitunterschied immer wieder ein Spiegel unserer sogenannt modernen Epoche sind.